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Psychoanalytische Praxis, Supervision, Beratung, Forschung & Lehre


»Die Psychoanalyse drängt jeden, ein recht beträchtliches Stück der Welt nicht nur neu zu sehen, sondern auch neu zu werten, und in dieser neu gesehenen, neu gewerteten Welt auch neuartig zu handeln.«

Siegfried Bernfeld


Arbeitssprachen: Deutsch, Dansk, English


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 AKTUELL

 




Welches Subjekt für die kritische Theorie?


Die Freud’sche Hypothese des Unbewussten ist untrennbar mit einer Kritik des Subjekts verbunden, ebenso wie die Marxsche Analyse der Kategorien der politischen Ökonomie auf die Kritik der kapitalistischen Gesellschaftsform als solcher abzielt. Die doppelte Tendenz, die Formationen des Unbewussten zu psychologisieren einerseits und die Kategorien des Kapitalismus zu soziologisieren andererseits, stellt für beide ein Hindernis auf dem Weg zu einer radikalen Kritik der modernen Struktur dar.
Nur wenn wir also damit beginnen, nichts von ihrem jeweiligen Anspruch aufzugeben, können wir die Frage nach ihrer Verbindung stellen. Trotz seines Anspruchs ist es dem Freudo-Marxismus nicht gelungen, Marx und Freud in einer einzigen Gesellschaftstheorie zu synthetisieren, ohne sie zu verkürzen. Kompatibel werden sie nur auf Kosten ihrer inneren Strenge. Die Frage ihrer Vermittlung erfordert im Gegenteil die Ablehnung einer Synthese, welche die methodologische Kluft ihres Ausgangspunkts zu überbrücken meint.
Die in diesem Band versammelten Texte greifen einige der Fragestellungen auf, die von der Kritischen Theorie, der freudo-marxistischen Tradition und der Wertkritik in ihrer Beziehung zur Psychoanalyse eröffnet wurden, um zu versuchen, das ungelöste Problem der Dualismen Subjekt-Objekt und Individuum-Gesellschaft neu zu stellen. Es geht darum, die Artikulationen zwischen geteiltem Subjekt, Subjektform und Gesellschaftsform zu erforschen, indem wir bis zu ihrer historischen Konstitution zurückgehen und ohne den realen und operativen Charakter der modernen Trennungen außer Acht zu lassen.


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Hommage an Lacan

 

Jacques Lacans vornehmster Einsatz in der Geschichte der psychoanalytischen Bewegung wird auf immer derjenige sein, darin nicht nachgegeben zu haben, dass der Sinn des psychoanalytischen Abenteuers in einer Praxis gründet, — in einer Praxis für die Psychoanalyse. [...]

Damit eröffnet Lacan noch einmal die Wette darauf, ob es nicht doch eine Gemeinschaft der Psychoanalytiker geben kann, die sich in der Lage sieht, das freudsche Erbe —nämlich das von Anfang an und auf immer Widerspenstige der Psychoanalyse, insofern es von anderer Art ist— über den Tod ihres Begründers hinaus, das heißt, zukünftig ohne ihn zu tragen. [...] Freud wird bis hin zu seinen allerletzten Arbeiten nicht müde zu unterstreichen, dass seine Annahme des Unbewussten einzig auf der Theorie der Libido fußt. Indem er diesen Boden der psychoanalytischen Voraussetzungen als Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache untersucht, fragt Lacan nach der Logik dieser Annahme — nicht nur hinsichtlich der Logik des Unbewussten, sondern zugleich und viel mehr noch im Sinne einer Logik für das Unbewusste. Heute, siebzig Jahre nach seiner ›Rede von Rom‹, vierzig Jahre nach Jacques Lacans Tod, sieht sich diese Logik für das Unbewusste mehr denn je von allen Seiten bedroht, — und dies umso mehr als die Anerkennung des mit dieser Logik untrennbar verbundenen »ontologischen Bruchs« (R. Kurz) lange Aussichten hat. Die diesem inneren Zusammenhang entsprechende kategoriale Kritik ist im freudschen Werk angelegt. Jacques Lacan hat sie, als die Welt schon einmal an ihr vergessen wollte, von dort hervorgeholt und zu entfalten versucht. Die Psychoanalytiker täten heute mehr denn je gut daran —und zwar: »mit den Mitteln ihrer Lehre« (P. Parin)— herauszuarbeiten, warum, stets und immer wieder aufs Neue, die Verwaltung dieser ontologischen Krise dem Vollziehen des Bruchs und der Anerkennung seiner Folgen vorgezogen wird. Im rasenden Taktschlag eines globalen Krisengeschehens stehen vorläufig noch immer auch und gerade die Psychoanalytiker still, — und laufen einmal mehr Gefahr, die Freud’sche Entdeckung des Unbewussten der Verwaltung der durch eben diese Entdeckung angestoßenen Krise zu opfern. Nichts in der Geschichte der psychoanalytischen Bewegung im 20. Jahrhundert und bis zum heutigen Tag deutet allerdings daraufhin, dass diesmal die sich bereits ankündigende erneute Auflösung in die Barbarei an den Psychoanalytikern und ihren Mitmenschen nur vorbeiziehen wird.